Ein Contra mit Alfred Moritz

Alfred Moritz

Alfred Moritz führt mit faszinierender Gelassenheit und immer wieder neu belebter Neugier das kleine, feine Bioweingut Moritz im Mittelburgenland. Mit einer überraschenden Vielfalt aus zwei Weinsorten und seiner kreativen Ader zaubert Alfred für Gast und Gaumen ein gemütliches Wohnzimmer, das sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken anregt. Was sich hinter Tür und Tor des Weinguts verbirgt und was den langjährigen Biowinzer antreibt, erzählt uns Alfred gemütlich in seinem Kellersessel sitzend.

Kinderstube Weingarten

Klassische Musik strömt mir entgegen sobald ich die Tür zum Weinkeller des Bioweinguts Moritz öffne. Kennengelernt habe ich den Winzer, der gleich ein herzliches Hallo erfragt, bei einem Job-Interview. Vor fast 10 Jahren war Alfred Obmann der Weinbauvereins Horitschon und ich bewarb mich als Vinothekarin für die ortsansässige Vinothek. Schon damals war ich fasziniert von seiner Sichtweise und seiner Verbundenheit mit Wein.

Heute erzählt er: “Wie du weißt, bin ich in meinem heutigen Weingut aufgewachsen, habe es aber mit 18 für Ausbildung und Arbeit in Wien verlassen. Während meiner Kindheit und Jugend habe ich alles mitbekommen, was man zum Weinmachen wirklich braucht – eine intakte Natur, Liebe zur Arbeit , viel Zeit und Gelassenheit sowie Vertrauen in die Kraft der Natur. Mit 40, als meine Eltern in Pension gingen, habe ich zur Überraschung aller das Weingut übernommen. Überraschung deshalb, weil ich während meiner Zeit in Wien so gut wie gar nichts mit Wein zu tun gehabt habe. Wenn ich damals dann nicht einen Weinverkostungskurs gemacht hätte, der mir gezeigt hat, was alles im Wein stecken kann, wie viele verschiedene Herangehensweisen zum Wein es geben kann, … hätte ich wohl nie den Weg zurück zu den Wurzeln eingeschlagen.”

Und dieser Weinverkostungskurs brachte Alfred zu dem Entschluss Winzer zu werden. Eine gute Etnscheidung wie ich finde. Begonnen mit nur etwas mehr als zwei Hektar, sind es jetzt ganze drei Hektar in den Lagen Hochäcker und Gfanger, die er fast allein hegt und pflegt.

 

Biologische Bewirtschaftung

Das Wort BIO ist in aller Munde. Es prangt an vielen Etiketten. Wird plakativ in jeder Lebensmittelwerbung verwendet. Bei Moritz steht es attraktiv am Anfang des Weingutnamens. Biologische Bewirtschaftung aus Überzeugung?

Alfred antwortet mit einem klarem ja. “Während meiner Zeit in Wien habe ich immer im Umweltschutzbereich gearbeitet. Für mich war also klar, dass ich mein Weingut auf biologische Bewirtschaftung umstellen werde. Es war nur eine Frage der Zeit – und die war sehr kurz. 2004 habe ich das Weingut übernommen und 2006 bin ich auf Bio umgestiegen. Warum? Die Frage müsste viel eher lauten: Warum nicht?

Die Natur braucht keine Insektizide, sie braucht keine Herbizide, keinen Mineraldünger und auch keine Reinzuchthefen etc. Wieso soll ich sie dann verwenden?

 

Ich bin Winzer, kein Chemiker.

Ich will Wein machen, so wie er im Weingarten gewachsen ist, und er soll riechen und schmecken wie die Umgebung, in der er „hineingeboren“ wurde. Der Winzer sollte Vater und Mutter des Weines sein, die ihm lediglich den Weg auf seiner Reise zeigen – mit schonender, quasi antiautoritärer Hand.”

Die Hand des Winzers ist hier in seinem Weingut überall spürbar. Alfred greift zur Flasche. “Probierst an CONTRA mit mir? Den habe ich länger nicht gekostet”, spricht Alfred und schenkt in zwei Kostgläser ein. Ich grinse. Meiner Erfahrung nach müssen sich Winzer sehr zurückhalten um ihre Weine wahrhaftig und tatsächlich in Ruhe gedeihen zu lassen. Die Neugier ist groß und das Bedürfnis den Weinen aus den Kinderschuhen zu helfen größer. Für mich etwa vergleichbar mit meinen Kindern. Es fällt mir schwer sie hier und da hinfallen zu sehen. Doch die gemeinsame Freude über ihren Erfolg, wenn sie über sich hinauswachsen, ist unbezahlbar.

 

NIX im Bild

Winzer Multitasking

Jedes Mal wenn ich Alfred besuche, entdecke ich etwas Neues. Vielleicht liegt es am Warten auf den balancierten Wein. Lässt sich die Zeit mit künstlerischer Handwerklichkeit genussvoll überbrücken? Ich würde sagen es ist sympathisches Beiwerk. Denn auch wenn Alfred fast ausschließlich alleine arbeitet und für wirklich alles selbst zuständig ist, steht er am liebsten im Weingarten: “Am wichtigsten ist mir die Arbeit im Weingarten. Hier verbringe ich die meiste Zeit, hier wird der Grundstein gelegt für alles was danach kommt. Die beste Arbeit im Keller ist nur halb so viel wert, wenn ich meine Weingärten vernachlässige. Ganz nach dem Motto: Aus einem selbständigen, gesunden, kritischen und geliebten Kind, kann später einmal Alles werden.

Wenn die Basis stimmt, kann man sich danach getrost entspannter zurücklehnen, was soviel heißen soll, wie, wenn ich im Weingarten gut gearbeitet habe, stehen mir im Keller alle Wege offen. Und hier kann ich mich dann verwirklichen, dem Wein quasi den letzten Schliff verleihen – wenn ich das will! Oft will ich es aber nicht. Dann entstehen Weine, die selbst sehen müssen, wie sie erwachsen werden.”, lacht Alfred.

Ich nehme noch einen Schluck CONTRA. Erinnert mich an salzige Meeresluft gepaart mit dunklen Früchten.

Cooperate Design by Alfred Moritz

Ein Blick auf die Flasche der Cuvée CONTRA – entstanden aus den Rebsorten Zweigelt, Blaufränkisch und Sankt Laurent – hält mir Alfred’s einzigartigen Stil vor Augen. Ob Etiketten, Broschüren, seine Webseite und mehr, alles stammt aus seiner Hand.

Das war am Anfang ganz einfach Notwendigkeit.” erzählt Alfred mir. “Ich habe quasi bei Null angefangen, zumindest was den Auftritt meines Weinguts nach außen betrifft, und hatte natürlich auch nicht die finanziellen Mittel in Webdesigner, Marketingexperten, Grafiker oder ähnliches zu investieren. Außerdem hatte ich natürlich während meiner beruflichen Laufbahn davor schon viel damit zu tun und konnte daher auch auf etwas Know-how zurückgreifen. Daraus hat sich mit der Zeit eine Linie entwickelt, die ich jetzt fortsetze. Man soll sehen, dass alles von mir stammt, auch wenn Vieles dadurch natürlich nicht immer perfekt ist, dafür umso authentischer.

Darüber hinaus liebe ich es, neue Etiketten zu entwerfen, neue Ideen umzusetzen oder manchmal auch ganz einfach nur „Blödsinn“ zu machen.” , gibt er lachend zu. Beim Anblick seiner Cuvée 13er glaub ich das sofort. Ein bitterlich weinender Bub ist darauf zu sehen. Wer das wohl sein mag?

Zigeunerwagen Bioweingut Moritz
Zigeunerwagen am Bioweingut Moritz, Foto © Alfred Moritz

Welcher Weincharakter bist Du?

Da ich selbst gern Weine mit Menschen vergleiche und umgekehrt, frage ich Alfred nach seinem Wein-Charakter:

 “Ich wäre sicherlich ein Blaufränkisch, das steht fest. Die Sorte, die zu Horitschon, zum Mittelburgenland am besten passt. Ich will damit nicht sagen, dass ich wirklich soo gut ins Mittelburgenland passe, aber hier sind meine Wurzeln, hier bin ich groß geworden und hier fühle ich mich wohl.  Eigentlich bin ich ja nicht unbedingt “reinsortig“, aber ich wäre es vermutlich gerne und sehe mich auch so. Mit Ecken und Kanten muss natürlich auch sein, also etwas anders, unverfälscht und unverdorben (wer möchte das nicht sein).

Und all das lässt für mich nur den Schluss zu: Ich bin mein Blaufränkisch HANDMADE. Ein reinsortiger Blaufränkisch, spontan vergoren, nicht gerebelt, nicht geschwefelt, nicht filtriert, nicht geschönt, … ein ehrlicher, nicht ganz typischer, trotzdem ganz  sympathischer Blaufränkisch. Aber: Nicht Jedermanns/frau Sache ;). “

Das dass nicht jedem schmeckt ist klar. Aber ich tippe mal auf fast jeden. Die sympathische Art des vor Ideen sprudelnden, handwerklich und künstlerisch begabten Winzers ist ansteckend und in jeder Flasche seiner Weine spürbar.

Ich freue mich auf den nächsten Besuch bei Alfred in Horitschon. Dann trink ich vielleicht einmal NIX.

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Webseite des Bioweinguts Moritz: blaufraenkisch.at

Fotos © Alfred Moritz

HINWEIS: Die Texte sind meine eigenen und entstammen meinen persönlichen Erlebnissen,
Erfahrung und Meinung. Bei Fragen und Wünschen schreibe mir an hallo@annaschumann.at .

HINWEIS: Die Texte sind meine eigenen und entstammen meinen persönlichen Erlebnissen, Erfahrung und Meinung. Bei Fragen und Wünschen schreibe mir an hallo@annaschumann.at .

Porträt Anna Schumann © Leni Koinegg

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